Die Lüge des Cropfaktors

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Aufgeschreckt, durch ein Kapitel im Buch “Heute schon geblitzt” (ja, es ist ein Blitzbuch für Canon, kann aber ohne weiteres auch für Nikon adaptiert werden) habe ich mich nun hingesetzt und mich ein wenig schlau gemacht zu diesem Thema.

 

Quellen im Internet

In verschiedenen Quellen im Internet habe ich immer wieder gelesen, dass der Cropfaktor von digitalen Spiegelreflexkameras (ausgenommen Vollformatkameras wie z.B. Nikon D700 und D3) eine optische Verlängerung der Brennweite ist. Was dazu führt, dass es Leute gibt, die sogar die Faustregel für verwackelte Fotos darauf hin angepasst haben (und ich das geglaubt habe!!!).

Der Crop-Faktor (Brennweiten-Verlängerung)

Crop-Faktor Der Cropfaktor ist eigentlich nur eine Beschreibung, wie viel mal kleiner ein Chip im Vergleich zu einem Kleinbild-Film (24x36mm) ist.

Dadurch, dass der Chip kleiner als der Film ist, hat man natürlich auch plötzlich einen Kleineren Bildausschnitt im Sucher und auf dem Chip.

Ich will das mal anhand der nebenstehenden Grafik erklären. Wie wir sehen, deckt das Vollformat einen relativ grossen Teilbereich des Bildes mit einem 50mm Objektiv ab. Der APS-C-Chip einer normalen Spiegelreflexkamera, mit demselben Objektiv, deckt  nun aber einen kleineren Teil dieses Bildes ab.

Um diesen kleineren Bildausschnitt mit einer Vollformatkamera zu erreichen bräuchte man ein 75mm Objektiv (wenn der Cropfaktor wie bei Nikon 1,5 ist, bei Canon ist es meines Wissens 1,6).

Diese Veränderung im Bildausschnitt, wird also als Cropfaktor bezeichnet.

Die Faustregel

Nun zur Faustregel. Um die maximale Belichtungszeit zu ermitteln, mit der man noch aus der Hand fotografieren kann, ohne ein verwackeltes Bild zu erhalten gibt es die folgende Faustregel: Nimm den Kehrwert der Brennweite als maximale Verschlusszeit.

Das bedeutet, wenn ich mit 50mm fotografiere, dann brauche ich eine Verschlusszeit von 1/50s. Wenn ich mit einer Brennweite von 200mm fotografiere, brauche ich eine Verschlusszeit von 1/200s

Da es sich nun aber um keine physikalische Verlängerung der Brennweite handelt. Sondern nur um eine theoretische Vergleichsgröße, muss ich den Crop-Faktor in diese Formel nicht mit einbeziehen.

Ich kann diesen Faktor natürlich mit einbeziehen, damit ich immer auf der sicheren Seite bin, mit der Verschlusszeit. Sollte mir aber bewusst sein, dass ich den Faktor aber immer noch abziehen kann.

4 Gedanken zu “Die Lüge des Cropfaktors

  1. Tja, 50mm ist und bleibt 50mm, so ist das nunmal, mit dem Crop wird viel Schindluder getrieben. Nur ist der Ausschnitt bei 50mm Vollformat größer als der der 50mm APS-C, aber deswegen wird die fotografierte Person/Vogel/wasweißichwas nicht größer…

  2. Theoretische Größe hin oder her, die Unschärfe durch verwackeln resultiert aus der Bewegung der Kamera während der Belichtung des Fotos. Bei langer Brennweite verursachen kleine Verwackler bereits große Verschiebungen des Bildausschnitts, also auch entsprechend starke Unschärfe.
    Die Schärfeeindruck eines Bildes ist aber abhängig vom Winkel unter dem es betrachtet wird (bzw. von der Größe in der es betrachtet wird). Da bei einer Crop Kamera nur ein Ausschnitt des Bildes verwendet wird, der dann auf die volle Größe skaliert wird, wirken sich kleinere Verwackler trotzdem stärker aus und können eher wahrgenommen werden. Deshalb wirkt sich der Crop Faktor doch auf die Faustregel aus. (Da es sich aber eben um eine Faustregel handelt ist der Unterschied wie ruhig eine Kamera gehalten wird von Person zu Person wohl ausschlaggebender als der Crop Faktor).

  3. @mueder_joe :
    Nein, der Crop-Faktor hat direkt nichts mit der "Verwacklungs-Faustregel" zu tun.

    Ein Foto ist bei gleicher Bewegung und Verschlusszeit genau gleich verwakelt ob nun mit 35er Brennweite oder mit 200er. Nur steigt die Gefahr von Verwacklungunschärfe mit höherem Gewicht. Die "Handgelenk x Pi" – Faustregel bezieht sich auf KB und Festbrennweiten. So muss man bei einem Zoom immer die längste Brennweite des Objektivs rechnen.

    Und die Verschlusszeiten : auch da wird verwackelt, nur gibt man bei kürzeren Verschlussszeiten dem Licht weniger Gelegenheit zu verwackeln.

    Die Faustregel-Formel täuscht etwas, da sie bei KB-Festbrennweiten eine annähernde Analogie ergibt (zB VZ 1/50 bei 50er-Obkjektiv) bzw suggeriert.
    Doch dies relativiert sich bei Lichtstärkreren* Objektiven die konstruktionsbedingt schwerer sind, als lichtschwächere (*Anfangöffnung der Blende).

    Ebenfalls relativiert das Kamera-Gewicht die Formel. Eine moderne, vollelektronsiche KB-Kamera mitsammt Akku, Hochformatgriff ist zwar ergonomisch günstig, doch ungleich schwerer als zB eine analoge, elektronische Kamera ohne eingbauten Motor (zB eine Olympus OM 3, Nikon FE, Canon AE). Auf der anderen Seite natürlich das Mittelformat. Deren Gehäuse und Objektiv bereits zu schwer, als das es eine Brennweite-Verschlusskombination generelle Verwacklungs-Formeln zulassen würde. Spätestens da wird deutlich, wie sehr auch Faktoren wie Ergonomie, Spiegelschlag/dämpfung usw eine Rolle spielen.

    Zum Crop-Faktor : das mit dem sich veränderndem Bildkreis ist richtig.
    Somit meint der Crop-Faktor nicht anderes als ein sich veränderter "Bildwinkel".
    Neu ist das nicht, ganz im Gegenteil kennt man dieses Phänomen auch durch die austauschbaren Filmmagazine bei Mittelformatkameras. Ob analog oder digital. Durch das Aufsetzen eines Magazins dessen Aufnahmeformat kleiner ist als der (maximale, optimale) Bildwinkel der Optik, verändert sich eben dieser.
    Damit steigt die Gefahr von Streulicht (überschüssiges Licht zwischen Optik/Hinterlinse und Aufnahmemedium).

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